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Gericht: Oberlandesgericht Hamburg
Urteil verkündet am 26.09.2002
Aktenzeichen: 3 U 251/00
Rechtsgebiete: MarkenG
Vorschriften:
MarkenG § 14 | |
MarkenG § 24 |
(a) Ob sich der Markeninhaber der Verwendung dieser neuen Bezeichnung widersetzen kann, richtet sich nach den gleichen Grundsätzen wie nach denen zur gemeinschaftsrechtlichen Erschöpfung beim Parallelimport unter Wiederanbringen der ursprünglichen Bezeichnung. Eine beachtliche Zwangslage zur Markenersetzung besteht für den Parallelimporteur u. a. dann, wenn der Benutzung der ursprünglichen Bezeichnung markenrechtliche Verbietungsansprüche Dritter entgegenstehen.
(b) Unabhängig davon ist der Einsatz einer neu erstellten äußeren Umverpackung "nicht erforderlich" im Sinne der EuGH-Rechtsprechung, wenn statt dieser die bisherige äußere Umverpackung für das Inland entsprechend umetikettiert und der Packungsinhalt auf- oder abgestockt werden kann.
Anhaltspunkte für eine relevante gemeinschaftswidrige Marktbehinderung ohne Verwendung der neuen äußeren Umverpackung bestehen insoweit nicht.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 26. September 2002
In dem Rechtsstreit
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, durch die Richter Brüning, v. Franqué, Spannuth nach der am 18. Juli 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Widerklägerin/Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 6. September 2000 abgeändert.
Die Widerbeklagte zu 1)/Klägerin und die Dritt-Widerbeklagte werden weiter verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall bis zu 250.000 €, Ordnungshaft insgesamt höchsten zwei Jahre) zu unterlassen, das aus Spanien importierte Arzneimittel mit der Bezeichnung "Zestril" in Deutschland mit der Bezeichnung "Acerbon" zu versehen, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen.
Die Berufung der beiden Widerbeklagten wird zurückgewiesen.
Die Widerbeklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen wie Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Widerbeklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 527.000 € abwenden, wenn nicht die Widerklägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf insgesamt 511.292 € (= 1.000.000 DM) festgesetzt, davon entfallen auf jede der beiden Berufungen 255.646 € (= 500.000.- DM).
Tatbestand:
Die Widerklägerin/Beklagte - ein Pharmaunternehmen - gehört zum A.......-Konzern, der Arzneimittel herstellt und vertreibt.
Die Widerbeklagte zu 1)/Klägerin und die Dritt-Widerbeklagte zu 2) befassen sich mit dem Parallelimport von Arzneimitteln. Die Dritt-Widerbeklagte ist das Mitvertriebsunternehmen der Widerbeklagten zu 1).
Die Widerklägerin vertreibt in Deutschland das Herz-Kreislauf-Arzneimittel ACERBON mit dem Wirkstoff Lisinopril (ACE-Hemmer). Das Mittel wird in anderen EU-Mitgliedsländern (so auch in Spanien) von Tochtergesellschaften des A..........-Konzerns unter der Bezeichnung ZESTRIL vertrieben. In Spanien ist das Mittel ZESTRIL in der Packungsgröße zu 60 Tabletten auf dem Markt. Die Bezeichnung "Acerbon" (Widerklagemarke) ist für die Widerklägerin in Deutschland markenrechtlich geschützt, wie die Widerbeklagten nicht in Abrede nehmen.
Die Widerbeklagte zu 1) hat mit Schreiben vom 20. Oktober 1999 der Widerklägerin gegenüber angezeigt, dass sie und die Dritt-Widerbeklagte gemeinsam beabsichtigten, das aus Spanien importierte Arzneimittel ZESTRIL in einer selbst gefertigten äußeren Umverpackung in den Packungsgrößen zu 30, 50 und 100 Tabletten zu vertreiben, und zwar nach Umkennzeichnen unter der Bezeichnung ACERBON (Anlage K 6; wegen des anschließenden Schriftwechsels der Parteien vgl. Anlagen K 7-10; vgll. die Abbildung einer solche Musterpackung: Anlage B 1).
Die Widerklägerin beanstandet das Umpacken des Arzneimittels in neue äußere Umverpackungen und das Umkennzeichnen in ACERBON als Markenrechtsverletzung. Sie nimmt mit der Widerklage - nur diese ist für das vorliegende Berufungsverfahren in der Sache von Bedeutung die beiden Widerbeklagten auf Unterlassung in Anspruch.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Widerbeklagte zu 1)/Klägerin ursprünglich gegen die Widerklägerin/Beklagte eine Feststellungsklage erhoben:
Die Widerbeklagte zu 1) hatte bereits zu einem weiter zurückliegenden Zeitpunkt, und zwar mit Schreiben vom 1. Oktober 1997, der Widerklägerin angezeigt, sie beabsichtige, das aus dem Ausland importierte Arzneimittel "Zestril 5 mg" unter der Bezeichnung "Acerbon 5" in Deutschland zu vertreiben. Die Widerklägerin hat daraufhin mit Anwaltsschreiben vom 17. Oktober 1997 die Widerbeklagte zu 1) abgemahnt (Anlage K 1), die sodann mit Schreiben vom 23. Oktober 1997 erklärt hatte, "wir, die ... (Widerbeklagte zu 1.), verpflichten uns hiermit gegenüber der ... (Widerklägerin), es bei Meidung einer ... Vertragsstrafe ... zu unterlassen, das aus dem Ausland importierte Arzneimittel Zestril 5 mg in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung Acerbon 5 zu vertreiben" (vgl. auch wegen des Vorbehalts in dem Schreiben: Anlage K 2).
Die vorliegend erhobene Feststellungsklage der
Widerbeklagten zu 1)/Klägerin gegen die
Widerklägerin/Beklagte,
festzustellen, dass die Klägerin an ihrer
Unterlassungserklärung vom 23. Oktober 1997, mit welcher sie sich strafbewehrt verpflichtet hatte, es zu unterlassen, das aus dem Ausland importierte Arzneimittel "Zestril 5 mg" in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung "Acerbon 5" zu vertreiben, nicht mehr gebunden ist;
haben die Parteien in erster Instanz übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, und zwar im Hinblick auf die inzwischen erhobene Widerklage (Bl. 26).
Die beiden Widerbeklagten hatten schon in dem noch weiter zurückliegenden Jahr 1996 versucht, das Arzneimittel ZESTRIL unter dieser Bezeichnung in Deutschland zu vertreiben. Sie beide wurden damals von der C....... GmbH & Co. KG (im folgenden: Firma C........) abgemahnt, und zwar gestützt auf die deutsche Wort/Bild/Marke Nr. 1 050 755 "Sostril" (im folgenden: Dritt-Marke), und hatten beide unter dem 20. September 1996 gegenüber der Firma C........ erklärt, sie verpflichteten sich strafbewehrt, "es zu unterlassen, mit der Marke Zestril gekennzeichnete Arzneimittel, insbesondere ACEHemmer, in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen und/oder zu vertreiben,... (sowie) so gekennzeichnete Arzneimittel ab dem 1. November 1996 anzubieten und/oder zu bewerben" (vgl. das Anwalts-Abmahnschreiben vom 5. September 1996: Anlage K 3 und die Unterlassungserklärung vom 20. September 1996 nebst Vorbehalt: Anlage K 4).
Das markenrechtlich geschützte Arzneimittel SOSTRIL wird weiterhin in Deutschland vertrieben (Anlagen K 5, 14).
Die Widerklägerin/Beklagte hat vorgetragen:
Die Widerbeklagten verletzten ihre Rechte an der Widerklagemarke. Eine markenrechtliche Erschöpfung sei nicht eingetreten, denn das Umpacken in eine neue äußere Umverpackung sei für den Parallelimport nicht erforderlich, zumal das Umpacken für alle drei Packungsgrößen geplant sei. Die Packungsgrößen mit 30 und mit 50 Tabletten könnten durch Abstocken und die Packungsgröße mit 100 Tabletten könne durch Bündeln erzielt werden. Im übrigen gebe es für eine Änderung der (spanischen) Packungsgröße mit 60 Tabletten keine wirtschaftliche Notwendigkeit, weil diese in Deutschland ohne weiteres vermarktungsfähig sei. Auch das Umkennzeichnen des Arzneimittels von ZESTRIL in ACERBON sei nicht erforderlich. Eine Zwangslage bestehe insoweit nicht:
Die Widerbeklagten hätten sich zwar gegenüber der Firma C........ unter dem 20. September 1996 zur Unterlassung verpflichtet (Anlage K 4), schon damals hätten sie aber die zutreffende Auffassung vertreten, dass eine Verwechslungsgefahr nicht bestehe. Beide Arzneimittel seien rezeptpflichtig und hätten ganz unterschiedliche Indikationen. SOSTRIL sei ein Magen-Darm-Präparat, ZESTRIL ein Herz-Kreislauf-Präparat.
Wegen der gleichwohl freiwillig abgegebenen Unterlassungserklärung könnten sich die Widerbeklagten nicht auf eine Zwangslage berufen. Zudem werde bestritten, dass die Dritt-Marke SOSTRIL (eine Wort-Bild-Marke mit der Substanzbezeichnung "Ranitidin" - vgl. Anlage K 3) überhaupt rechtserhaltend benutzt worden sei. Die Unterlassungserklärung sei unter dem eingetretenen Vorbehalt zur aktuellen Rechtsprechung abgegeben worden (Anlage K 3), die Verwechslungsgefahr sei zu verneinen. Hinsichtlich der Klage haben die Parteien (wie ausgeführt) den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die Widerklägerin/Beklagte hat beantragt,
im Wege der Widerklage die Klägerin und die Dritt-Widerbeklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung von Ordnungsmitteln zu
unterlassen,
(a) das aus Spanien importierte Arzneimittel mit der Bezeichnung "Zestril" in Deutschland mit der Bezeichnung "Acerbon" zu versehen, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen;
(b) das aus Spanien in der Packungsgröße mit 60 Tabletten importierte Arzneimittel in Deutschland in neu hergestellte Faltschachteln mit den Packungsgrößen 30, 50 oder 100 Tabletten umzupacken, feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen.
Die Widerbeklagte zu 1)/Klägerin und die Dritt-Widerbeklagte haben beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Widerbeklagten haben vorgetragen:
Der Unterlassungsanspruch sei aus den Bestimmungen des MarkenG unbegründet, er bestehe auch trotz ihrer - der Widerbeklagten zu 1) - Unterlassungsverpflichtungserklärung (Anlage K 2) nicht mehr. Der EuGH habe am 12. Oktober 1999 entschieden, dass dem Parallelimporteur der Vertrieb von Arzneimitteln unter einer inländischen Marke markenrechtlich nicht untersagt werden könne, wenn sich der Parallelimporteur in einer "Zwangslage" befinde, so wenn die Umkennzeichnung zur Herstellung der Verkehrsfähigkeit des eingeführten Arzneimittels im Einfuhrland erforderlich sei (EuGH - Rechtssache C-379/97 - Pharmacia Upjohn/Paranova).
Eine solche "Zwangslage" sei vorliegend gegeben. Deswegen seien sie (die Widerbeklagten) berechtigt, das Arzneimittel der Widerklägerin in Deutschland unter ACERBON zu vertreiben:
Unter der Bezeichnung ZESTRIL könne das Arzneimittel der Beklagten in Deutschland nicht vertrieben werden. Das Markenrecht betreffend die Dritt-Marke "Sostril" (Anlagen K 3 und 5) sowie die von ihnen beiden unter dem 20. September 1996 gegenüber der Firma C........ abgegebene Unterlassungserklärung (Anlage K 4) stünden dagegen. Die Zwangslage bestehe entgegen der Auffassung der Widerklägerin auch weiterhin, denn die Bezeichnungen ZESTRIL UND SOSTRIL seien trotz der unterschiedlichen Indikationen verwechslungsfähig. Die Dritt-Marke "Sostril" und die reine Wortmarke "Sostril" seien in Kraft (Anlagen K 12) und würden benutzt (Anlagen K 13-14). Jedenfalls könne es ihnen (den Widerbeklagten) nicht zugemutet werden, beim Parallelimport die Bezeichnung ZESTRIL beizubehalten und sich auf eine markenrechtliche Auseinandersetzung wegen der Bezeichnung SOSTRIL einzulassen, zumal die Widerklägerin selbst ihr Arzneimittel in Deutschland nicht unter ZESTRIL, sondern unter ACERBON vertreibe.
Die spanische Packungsgröße mit 60 Tabletten könne nicht zu einer Packung mit 100 Tabletten aufgestockt werden, auch eine Bündelung wäre nur unter Abstocken auf jeweils 50 Tabletten möglich. Das würde eine gemeinschaftswidrige Behinderung des Parallelimports bedeuten, weil 1/6 der Tabletten vernichtet werden müssten. Beim Abstocken auf eine Packung mit 30 Tabletten müsste sogar die Hälfte des Packungsinhalts entfernt werden.
Durch Urteil vom 6. September 2000 hat das Landgericht der Widerklage zu (b) mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Verbotsausspruch mit den Worten beginnt:
"... das aus Spanien in der Packungsgröße mit 60 Tabletten importierte Arzneimittel "Zestril" und in Deutschland mit der Marke "Acerbon" gekennzeichnete Arzneimittel in neu hergestellte Faltschachteln ...".
Im übrigen hat das Landgericht die Widerklage abgewiesen. Auf das Urteil nebst Berichtigungsbeschluss vom 15. September 2000 (Bl. 78) wird Bezug genommen.
Hiergegen wenden sich die Widerklägerin und die beiden Widerbeklagten jeweils mit der Berufung, die sie beide form- und fristgerecht eingelegt und begründet haben.
Die Widerklägerin/Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es der Widerklage stattgegeben hat. Ergänzend trägt sie noch vor:
Dem Widerklageantrag zu (a) sei stattzugeben. Entgegen dem Landgericht bestehe für das Umkennzeichnen des aus Spanien importieren Mittels ZESTRIL (in ACERBON) keine objektive Zwangslage. Die Unterlassungserklärung der Widerbeklagten gegenüber der Firma C......... begründe, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, keine objektive Zwangslage; das gelte aber auch im Hinblick auf die Dritt-Marke SOSTRIL, eine Verwechslungsgefahr zwischen dieser und ZESTRIL bestehe wegen der unterschiedlichen Indikationen der beiden Arzneimittel nicht.
Andere Parallelimporteure verwendeten im Inland seit Jahren unbeanstandet die Bezeichnung ZESTRIL (Bl. 125). Die schwedische Firma A...........AB in ihrem (der Widerklägerin) Konzern sei inzwischen Inhaberin der deutschen Marke ZESTRIL Nr. 30 153 577 (Anlage B 3), ohne dass es Beanstandungen von dritter Seite gegeben habe.
Zu Recht habe das Landgericht der Widerklage im übrigen stattgegeben. Durch Auf- und Abstocken bzw. Bündeln könne aus den Original-Faltschachteln die betreffenden Packungsgrößen unschwer erstellt werden, eine neue Umverpackung sei nicht erforderlich. Eine vollständige Verwendung der Ware müsse nicht sichergestellt sein. Eine Packung zu 60 Tabletten wäre auch verkehrsfähig und würde der Zuzahlungsstufe N 3 unterfallen.
Die Widerklägerin/Beklagte beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klägerin und die Dritt-Widerbeklagte auch nach dem erstinstanzlich gestellten Widerklageantrag zu (a) zur Unterlassung zu verurteilen sowie die Berufung der Widerbeklagten zurückzuweisen.
Die Widerbeklagte zu 1)/Klägerin und die Dritt-Widerbeklagte beantragen,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils im Umfang der Verurteilung die Widerklage abzuweisen sowie die Berufung der Widerklägerin zurückzuweisen.
Die Widerbeklagten wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie verteidigen das landgerichtliche Urteil im Umfang der Abweisung der Widerklage. Ergänzend tragen sie noch vor:
Zu Recht habe das Landgericht den Widerklageantrag zu (a) abgewiesen. Sie (die Widerbeklagten) könnten wegen der Dritt-Marke SOSTRIL und wegen ihrer Unterlassungserklärung gegenüber der Firma C........ das Arzneimittel nicht unter ZESTRIL in Deutschland vertreiben. Die Verwechslungsgefahr habe das Landgericht zutreffend bejaht. Dass von dritter Seite das Arzneimittel ZESTRIL unter dieser Marke noch in Deutschland vertrieben werde, werde bestritten (Anlagen K 18-19, Bl. 144).
Entgegen dem Landgericht sei der Widerklageantrag zu (b) unbegründet. Auf die spanische Packungsgröße mit 60 Tabletten an Stelle der Packung mit 100 Tabletten könnten sie nicht verwiesen werden, das wäre eine Marktbehinderung; auch eine Bündelung wäre nur unter Abstocken auf jeweils 50 Tabletten möglich. Das würde aber eine gemeinschaftswidrige Behinderung des Parallelimports bedeuten, weil 1/6 der Tabletten, beim Abstocken auf eine Packung mit 30 Tabletten sogar die Hälfte der Tabletten vernichtet werden müssten.
Überklebte bzw. aufgestockte Originalpackungen würden zudem von einem wesentlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise nicht akzeptiert (Bl. 140, Anlage K 17), das seien gemeinschaftswidrige Marktzugangshindernisse. Der (relative) Markterfolg der Parallelimporteure widerlege das nicht etwa. Jede relative Marktbehinderung ohne sachliche Rechtfertigung sei unzulässig. Das Umpacken in neue Umverpackungen sei erforderlich (Beweisantritt: Bl. 141, 146).
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Widerklägerin/Beklagten ist begründet. Demgemäß ist unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils dem Widerklageantrag zu (a) stattzugeben (II.). Die zulässige Berufung der Widerbeklagten zu 1)/Klägerin und der Dritt-Widerbeklagten hat dagegen in der Sache keinen Erfolg (III.).
I.
Gegenstand des Unterlassungsantrages zu (a) der Widerklage ist das Umkennzeichnen des aus Spanien parallelimportierten Arzneimittels ZESTRIL unter Anbringen der Bezeichnung ACERBON sowie das Feilhalten und Vertreiben dieser so umkonfektionierten Packungen. Für diesen Antrag ist nicht von Bedeutung, ob dabei alte (überklebte) oder neue (von der Widerbeklagten hergestellte) Umverpackungen verwendet werden.
Gegenstand des Unterlassungsantrages zu (b) der Widerklage - die Widerklägerin verteidigt die Fassung gemäß dem Verbotsausspruch des Landgerichts - ist das Umpacken des aus Spanien in der Packungsgröße mit 60 Tabletten importierten Arzneimittels ZESTRIL in neu hergestellte, mit der Marke ACERBON gekennzeichnete Faltschachteln mit den Packungsgrößen 30, 50 oder 100 Tabletten, sowie das Feilhalten und Vertreiben dieser so umkonfektionierten Packungen. Die Aufzählung der Packungsgrößen ist selbstverständlich auch kumulativ ("und/oder") gemeint. Es geht demgemäß bei diesem Antrag um den speziellen Aspekt der Verwendung der neuen Faltschachtel, bei der allerdings auch die Umkennzeichnung von ZESTRIL in ACERBON erfolgt.
Der Umfang der Streitgegenstände der beiden Anträge ist von der Widerklägerin so in der Berufungsverhandlung ausdrücklich bestätigt worden.
II.
Der mit dem Widerklageantrag zu (a) geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist nach Auffassung des Senats gemäß § 14 Abs. 2-3, Abs. 5 MarkenG begründet.
1.) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren zu benutzen, die mit derjenigen identisch sind, für die die Marke Schutz genießt. Diesen gesetzlichen Tatbestand verwirklichen die beiden Widerbeklagten dadurch, dass das spanische Arzneimittel ZESTRIL nach Deutschland importiert und hier in ACERBON umetikettiert und so umkonfektioniert von ihnen angeboten und vertrieben wird. Damit wird die parallelimportierte Ware erstmalig mit der Widerklagemarke ("Acerbon") der Widerklägerin - mit einer fremden Marke - durch die Widerbeklagten versehen.
Das Umkonfektionieren des spanischen ZESTRIL-Arzneimittels unter Anbringen der Bezeichnung ACERBON und das Vertreiben solcher Packungen stellen an sich (zum Gesichtspunkt des Parallelimports siehe unter 2.-3.) Verletzungshandlungen bezüglich der Markenrechte der Klägerin dar, weil sie unautorisiert erfolgen (§ 14 Abs. 3 Nr. 2 und 4 MarkenG). 2.) Das parallelimportierte Arzneimittel ZESTRIL ist ursprünglich in Spanien und damit in der Europäischen Union mit Zustimmung des dortigen Markeninhabers seitens einer Konzerngesellschaft der Widerklägerin in den Verkehr gebracht worden. Deswegen greift der von der Widerklägerin mit dem Unterlassungsantrag geltend gemacht markenrechtliche Schutz nicht durch, wenn das Markenrecht erschöpft ist (§ 24 Abs. 1 MarkenG) oder wenn in der Geltendmachung des markenrechtlichen Anspruchs eine unzulässige Beschränkung des freien Warenverkehrs in der Europäischen Gemeinschaft liegt (Art. 28, 30 EG).
(a) Im vorliegenden Fall einer Markenersetzung kann von einer Erschöpfung des Markenrechts der Widerklägerin allerdings schon deswegen nicht die Rede sein, weil es nicht um die Weiterverwendung oder Wiederanbringung der bereits im Ausfuhrstaat (hier: Spanien) mit Zustimmung des Markeninhabers benutzten Marke (ZESTRIL) geht, sondern um die erstmalige Kennzeichnung mit einer anderen Marke (ACERBON). Bei einer derartigen Markenersetzung ist der Anwendungsbereich des § 24 MarkenG nicht eröffnet.
§ 24 MarkenG beruht auf der entsprechenden Regelung in Art. 7 MarkenRL. Deshalb ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hierzu auch zur Auslegung des § 24 MarkenG heranzuziehen (BGH GRUR 2001, 422 - ZOCOR).
Für eine Fallgestaltung wie im Streitfall hat der EuGH klargestellt, dass nach Art. 7 Abs. 1 MarkenRL eine Erschöpfung des Rechts aus der Marke nur für solche bestimmten Waren eintritt, die vom Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung "unter dieser Marke" in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind (EuGH WRP 1999, 1264 - Pharmacia & Upjohn = GRUR Int. 2000, 159 Upjohn/Paranova; EuGH GRUR Int. 1999, 870 Docksides/Sebago). Das bedeutet in Fällen des Re- oder Parallelimports, dass Art. 7 MarkenRL und mithin auch § 24 MarkenG nur anwendbar ist, wenn nach dem Umpacken die ursprüngliche Marke weiter verwendet oder wieder angebracht wird. Die Bestimmung greift dagegen nicht ein, wenn der Parallelimporteur die ursprüngliche Marke durch eine andere ersetzt (BGH WRP 2002, 1163 - Zantac/Zantic).
(b) Bei einer - wie vorliegend gegebenen Sachverhaltsgestaltung einer Markenersetzung bestimmen sich die jeweiligen Befugnisse des Markeninhabers und des Parallelimporteurs auf Grund der EuGH-Rechtsprechung nach den Vorschriften der Art. 28, 30 EG. Danach dienen sowohl Art. 7 MarkenRL als auch Art. 30 EG dem Zweck, die grundlegenden Belange des Markenschutzes mit denen des freien Warenverkehrs im Gemeinsamen Markt in Einklang zu bringen. Da beide Bestimmungen dieselbe Zielrichtung haben, sind sie auch im gleichen Sinne auszulegen (EuGH WRP 1996, 880 - Bristol-Myers Squibb, EuGH a. a. O. - Pharmacia & Upjohn).
(aa) In den Fällen des Re- oder Parallelimports von Arzneimitteln, in denen der Importeur nach dem Umpacken die ursprüngliche Ware wieder anbringt, ist nach der EuGH- und BGH-Rechtsprechung die markenrechtliche Erschöpfung von fünf Bedingungen abhängig, die kumulativ erfüllt sein müssen. Eine dieser Voraussetzungen besteht darin, dass die Geltendmachung der Rechte aus der Marke nicht einer künstlichen Abschottung der Märkte dient (vgl. auch zu den übrigen Voraussetzungen: EuGH WRP 1996, 867 - Eurim Pharm, WRP 1996, 874 - MPA Pharma, WRP 2002, 666 - Boehringer Ingelheim; EuGH a. a. O. - Bristol-Myers Squibb, - Pharmacia & Upjohn; BGH a. a. O. - ZOCOR, - Zantac/Zantic). (bb) Die markenrechtliche Zulässigkeit des angegriffenen Umpackens in mit der Bezeichnung ACERBON versehene Verpackungen ist grundsätzlich nach denselben Maßstäben zu beurteilen wie ein Umpacken unter anschließendem Wiederanbringen der ursprünglichen Marke, und zwar insbesondere bei der Beurteilung der Frage, ob die Untersagung einer Neukennzeichnung mit der Inlandsmarke zu einer künstlichen Abschottung der Märkte führen würde. Zwischen beiden Fallgestaltungen besteht kein sachlicher Unterschied, der es rechtfertigen würde, den Begriff der künstlichen Marktabschottung in den beiden Fällen unterschiedlich anzuwenden (EuGH a. a. O. - Pharmacia & Upjohn).
(c) Ob eine künstliche Marktabschottung vorliegt, beurteilt sich nach objektiven Kriterien und nicht danach, ob der Parallelimporteur eine darauf gerichtete Absicht des Markeninhabers nachweist. Dabei ist nicht entscheidend, welche ursprüngliche objektive Lage zum Nebeneinander der verschiedenen Marken in den verschiedenen Mitgliedsländern geführt hat. Vielmehr ist zu untersuchen, ob im Zeitpunkt des Vertriebes bestehende Umstände den Parallelimporteur objektiv dazu zwingen, die ursprüngliche auf der Originalpackung verwendete Marke durch die im Einfuhrmitgliedstaat zu ersetzen, um die Ware in diesem Mitgliedstaat in den Verkehr bringen zu können (EuGH a. a. O. - Pharmacia & Upjohn).
Eine solche Zwangslage läge dann vor, wenn der tatsächliche Zugang des Parallelimporteurs zu den Märkten des Einfuhrmitgliedstaates behindert wäre, falls ihm die Ersetzung der Marke verboten wäre. Das ist dann anzunehmen, wenn Regelungen oder Praktiken im Einfuhrmitgliedstaat den Vertrieb der betreffenden Ware unter der Marke, die sie im Ausfuhrmitgliedstaat trägt, verhindern, wenn also etwa eine Verbraucherschutzvorschrift die Benutzung der im Ausfuhrmitgliedstaat angebrachten Marke im Einfuhrmitgliedstaat aus Gründen der Irreführung verbietet (EuGH a. a. O. - Pharmacia & Upjohn).
Auch bei anderen Sachverhaltsgestaltungen kann die angesprochene Zwangslage des Parallelimporteurs gegeben sein, so kann auch eine ältere inländische Marke nach den Bestimmungen des nationalen Markenrechts einem Vertrieb des Arzneimittels unter der Marke des Herkunftsstaates entgegenstehen. Der Parallelimporteur ist aber nicht etwa in jedem Falle berechtigt, die Ware mit der gebräuchlichen Inlandsmarke neu zu kennzeichnen; eine solche Berechtigung ist nur dann anzuerkennen, wenn der tatsächliche Zugang des Parallelimporteurs zu den Märkten des Einfuhrmitgliedstaates behindert wäre, sofern der Importeur die im Ausfuhrmitgliedstaat angebrachte Marke benutzt. Eine solche Behinderung ist aber nicht schon allein deshalb gegeben, weil der Hersteller unterschiedliche Marken verwendet.
3.) Nach diesen Grundsätzen ist nach Auffassung des Senats die Markenersetzung im Sinne der EuGH-Rechtsprechung nicht erforderlich, die Widerbeklagten können das Arzneimittel, das in Spanien unter ZESTRIL in den Verkehr gebracht worden ist, unter Verwendung dieser Bezeichnung im Inland vertreiben, für die Benutzung von ACERBON besteht für sie keine Zwangslage.
Die Widerbeklagten müssen nicht ernsthaft befürchten, bei der Verwendung der Bezeichnung ZESTRIL für das parallelimportierte Arzneimittel in Deutschland aus der Dritt-Marke SOSTRIL der Firma C........ (Anlage K 3) gemäß § 14 Abs. 2-3, Abs. 5 MarkenG auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden.
Entgegen dem Landgericht besteht zwischen der Dritt-Marke SOSTRIL und der Bezeichnung ZESTRIL keine Verwechslungsgefahr. Das gilt unter Würdigung des Gesamteindrucks der gegenüberstehenden Kennzeichen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände (vgl. BGH WRP 1996, 320 - Oxygenol II).
(a) Die Dritt-Marke besteht zwar aus dem Wort SOSTRIL und einem graphischen kreisförmigen Element, das links neben dem Wort SOSTRIL steht und in eine dieses Wort unterstreichende Linie übergeht (Anlage K 3). Maßgeblich ist aber insoweit nur das Wort SOSTRIL, obwohl innerhalb der unterstreichenden Linie noch "Ranitidin" steht. Diese Angabe ist so klein gedruckt, dass sie im Gesamteindruck untergeht. Der Wortbestandteil SOSTRIL hat normale Kennzeichnungskraft. Es handelt sich um ein Phantasiewort, jedenfalls hat es keine für die eingetragenen Waren (pharmazeutische Erzeugnisse) beschreibenden Anteile. Das Wort besteht seinerseits aus zwei Silben, im Gesamteindruck kann von einem Überwiegen der Kennzeichnungskraft des Bestandteils "-stril" nicht ausgegangen werden, dieser wirkt eher blass. Beide Silben bilden eine Worteinheit, der Gesamteindruck wird maßgeblich von der ersten Silbe, durch den prägenden Wortanfang bestimmt.
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Dritt-Marke kraft Benutzung etwa eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft besitzt, auch insoweit ist von normaler Unterscheidungskraft auszugehen. Für eine Bekanntheit der Dritt-Marke im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte.
(b) Auf Seiten der Widerbeklagten geht es um die Verwendung der Bezeichnung ZESTRIL für das parallelimportierte Arzneimittel, bei dem es sich - wie ausgeführt - um einen ACE-Hemmer handelt. Insoweit liegt Warenidentität mit der Dritt-Marke vor, die für pharmazeutische Erzeugnisse, insbesondere Magen-Darm-Mittel eingetragen ist (Anlage K 3).
Der Gesamteindruck der Bezeichnung ZESTRIL ist davon geprägt, dass es sich um ein zweisilbiges Kunstwort von normaler Kennzeichnungskraft handelt. Auch bei diesem Wort kann von einem Überwiegen der Kennzeichnungskraft des Bestandteils "-stril" nicht ausgegangen werden, auch hier wirkt die nachlaufende zweite Silbe eher blass. Beide Silben bilden eine Worteinheit, der Gesamteindruck wird maßgeblich von der ersten Silbe, durch den prägenden Wortanfang bestimmt.
(c) Nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen besteht zwischen der Dritt-Marke SOSTRIL und ZESTRIL keine Verwechslungsgefahr.
Der Senat hat bei der erforderlichen Gesamtwürdigung aller Umstände insbesondere berücksichtigt, dass bei identischen Waren an die Unterschiede zwischen den Bezeichnungen höhere Anforderungen zu stellen sind, um eine Verwechslungsgefahr zuverlässig auszuschließen, und dass zwischen der Kennzeichnungskraft des verletzten Zeichens, dem Ähnlichkeitsgrad der kollidierenden Bezeichnungen und der Nähe der in Rede stehenden Waren eine in die Gesamtwürdigung einzubeziehende Wechselwirkung besteht.
Es besteht zwischen den Bezeichnungen weder klanglich noch schriftbildlich eine Verwechslungsgefahr, obwohl es sich um identische Waren (Arzneimittel) handelt. Die Bezeichnungen werden ganz entscheidend jeweils von ihrer erste Silbe ("So", "Ze-") geprägt, diese sind jeweils markant und unterscheiden sich klang- und schriftbildlich deutlich. Sie sind gegenüber dem eher blassen "-stril-" dominierend und geben den jeweiligen Gesamtwörtern ihr typisches Gepräge. Der dadurch im Gesamteindruck vorherrschende Abstand ist ausreichend, obwohl Ähnlichkeiten häufig stärker wirken können als Unterschiede. Das gleiche gilt, wenn man in der Aussprache die Silben nach dem "s" trennt ("Sos-tril", Zestril").
Es wäre nur eine formale und letztlich unzulässig zergliedernde Betrachtungsweise, wenn man wegen der vordergründigen Gemeinsamkeiten in der Silben- und Buchstabenanzahl, im Sprachrhythmus sowie im Wortabschluss ("stril") die Verwechslungsgefahr bejahen würde. Wortanfänge werden vom Verkehr regelmäßig stärker beachtet als nachfolgende Wortteile.
Im Hinblick auf den Umstand, dass es sich um Arzneimittel handelt, gilt insoweit nichts anderes, auch wenn man bei den angesprochenen Verkehrskreisen nicht nur oder überwiegend auf Ärzte und Apotheker als angesprochene Verkehrskreise abstellt. Zwar handelt es sich bei ZESTRIL um ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, die Dritt-Marke ist aber nicht etwa nur für rezeptpflichtige Arzneimittel eingetragen, deswegen ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf die Endverbraucher als medizinische Laien auszugehen. Insoweit ergeben sich aber vorliegend für die Gesamtwürdigung keine Besonderheiten. Diese Gesamtwürdigung lässt - wie ausgeführt - eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen erscheinen. Es kann demgemäß dahingestellt bleiben, ob etwa mangels Benutzung der Dritt-Marke SOSTRIL außerhalb des auf dem Markt befindlichen Magen-Darm-Mittels (vgl. hierzu Anlagen K 13-14) für die Verwechslungsgefahr nur ein Teilbereich der Arzneimittel heranzuziehen wäre (vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 65 - Ichthyol). Auf den insoweit bestehenden Unterschied zwischen einem Magen-Darm-Mittel (SOSTRIL) und einem ACE-Hemmer (ZESTRIL) kommt es vorliegend nicht an.
4.) Auch im Hinblick auf die anderen SOSTRIL-Marken (Anlage K 12) ist nicht ernsthaft zu befürchten, dass die Widerbeklagten gemäß § 14 Abs. 2-3, Abs. 5 MarkenG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn sie das Arzneimittel ZESTRIL unter dieser Bezeichnung im Inland vertreiben; auch insoweit besteht für die Benutzung von ACERBON für sie keine Zwangslage. Auf die obigen Ausführungen unter II. 3. wird entsprechend Bezug genommen. 5.) Aus dem Umstand, dass die Widerbeklagten bereits im Jahre 1996 wegen des Parallelimports von ZESTRIL von der Firma C........ abgemahnt worden sind und strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben haben (Anlagen K 3-4), ergibt sich keine Zwangslage für sie, beim Parallelimport auf ACERBON auszuweichen. Die Verpflichtungserklärung entspricht - wie ausgeführt - nicht der materiellen Rechtslage gemäß § 14 Abs. 1-3 MarkenG. Hiervon sind die Widerbeklagten im übrigen damals selbst ausgegangen, zudem steht die Unterlassungserklärung unter dem Vorbehalt der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Anlage K 4).
6.) Dem Umstand, dass in Deutschland die markenmäßige Benutzung von ZESTRIL durch andere Unternehmen unbeanstandet geblieben ist, kommt allerdings keine streitentscheidende Bedeutung zu. Die Zwangslage für die Widerbeklagten, beim Parallelimport statt dessen ACERBON als Bezeichnung zu verwenden, ist bereits aus den oben dargestellten Gründen fehlender Verwechslungsgefahr zwischen SOSTRIL und ZESTRIL zu verneinen.
Es ist unstreitig, dass die Parallelimporteur-Firma E............ am 21. Januar 2000 den inländischen Vertrieb von ZESTRIL angezeigt haben (Bl. 132), in der LAUER-Taxe sind sie mit dem Arzneimittel unter dem 15. April 2000 gemeldet gewesen (Bl. 144). Ob dieser Vertrieb durch E............ zum 15. Januar 2001 wieder beendet worden ist (so die Widerbeklagten unter Hinweis auf Anlage K 18) oder ob sich der weiter bestehende Vertrieb aus Anlage K 19 ergibt (so die Widerklägerin) oder nicht (so die Widerbeklagten), bedarf demgemäß keiner weiteren Feststellungen. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass im Konzern der Widerklägerin die schwedische Firma A..........AB inzwischen Inhaberin der deutschen Marke ZESTRIL Nr. 30 153 577 ist (Anlage B 3) und ein Widerspruch gegen diese Marke von irgendeiner Seite nicht erhoben ist; auch hierauf kommt es nicht entscheidend an.
7.) Auch die weiteren Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs sind gegeben, insbesondere die Begehungsgefahr. Der Parallelimport des Arzneimittels ZESTRIL unter der Umkennzeichnung in ACERBON ist von der Widerbeklagten zu 1) angezeigt worden, und zwar für sie und die Dritt-Widerbeklagte (Anlagen K 6-10, Anlage B 1).
8.) Nach alledem ist der Widerklageantrag zu (a) begründet.
III.
Der mit dem Widerklageantrag zu (b) geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist auch nach Auffassung des Senats begründet (§ 14 Abs. 2-3, Abs. 5 MarkenG).
1.) Nach dem Streitgegenstand geht es, wie ausgeführt, um das Umpacken des aus Spanien in der Packungsgröße mit 60 Tabletten importierten Arzneimittel ZESTRIL in neu hergestellte, mit der Marke ACERBON gekennzeichnete Faltschachteln mit den Packungsgrößen 30, 50 oder 100 Tabletten sowie um das Feilhalten und Vertreiben dieser so umkonfektionierten Packungen, und zwar wegen des Aspekts der Verwendung neuer Faltschachteln
2.) Das beanstandete Umpacken des Arzneimittels in eine neu hergestellte, mit einer fremden Marke versehene Umverpackung zu Vertriebszwecken ist dem EU-Parallelimporteur gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG untersagt, soweit im Hinblick auf die Markenrechte keine Erschöpfung (§ 24 MarkenG) eingetreten ist.
Wie der Senat bereits entschieden hat, ist der Parallelimporteur nach der EuGH-Rechtsprechung im Grundsatz gehalten, in das Kennzeichnungsrecht des Markeninhabers so wenig wie möglich einzugreifen (EuGH a. a. O. - Eurim Pharm, - MPA Pharma, - Bristol-Myers Squibb, - Pharmacia & Upjohn). So kann sich der Markenrechtsinhaber dem Umpacken der Ware in eine neue äußere Umverpackung widersetzen, wenn es dem Importeur möglich ist, eine im Einfuhrmitgliedstaat vertriebsfähige Verpackung zu schaffen, indem er statt dessen z. B. auf der äußeren Originalverpackung neue Etiketten in der Sprache des Einfuhrmitgliedstaates anbringt und/oder eine Bündelung der Originalverpackungen (mit oder ohne Aufstocken des Packungsinhalts) vornimmt (vgl. zum Umetikettieren: EuGH a. a. O. - Boehringer Ingelheim; vgl. zum Bündeln und Umetikettieren: BGH a. a. O. - Zantac/Zantic).
Das gilt auch in den Fällen, in denen - wie vorliegend beim Arzneimittel ZESTRIL - das Arzneimittel in den für das Inland maßgeblichen Packungsgrößen im Ausfuhrmitgliedstaat nicht vertrieben wird (vgl. zu den Grundsätzen: HansOLG Hamburg, Urt. v. 24. August 2000 - 3 U 51/99, MagazinDienst 2000, 1176). Hieran ist festzuhalten.
3.) Nach diesen Grundsätzen ist die Verwendung der beanstandeten, neu von den Widerbeklagten hergestellten, äußeren ACERBON-Umverpackungen nicht erforderlich, die Markenrechte der Widerklägerin sind demgemäß nicht erschöpft.
(a) Allerdings ergibt sich das entgegen der Ansicht der Widerklägerin nicht bereits im Hinblick darauf, dass die Widerbeklagten das Mittel auch in der spanischen Packungsgröße zu 60 Tabletten in Deutschland vertreiben könnten.
In Deutschland ist ACERBON in den Packungsgrößen zu 30, 50 und 100 Tabletten auf dem Markt. Es liegt auf der Hand, dass der Marktzutritt für die Widerbeklagten erschwert wäre, wenn sie diese Packungsgrößen nicht anbieten könnten und statt dessen eine sonst nicht erhältliche Packungsgröße anbieten müssten.
(b) Sämtliche im Inland vorhandene Packungsgrößen lassen sich unter Verwendung der spanischen Original-Umverpackung mit 60 Tabletten herstellen.
Das ist technisch und in der praktischen Handhabung ohne weiteres möglich, dabei können die Original-Umverpackungen mit entsprechenden Aufklebern versehen werden. Demgemäß bedarf es insoweit keiner eigenen, neu von den Widerbeklagten hergestellten Umverpackung.
(aa) Die Packungsgröße zu 100 Tabletten kann durch Aufstocken hergestellt werden.
Die spanische Packung enthält vier Blister mit je 15 Tabletten, in die Schachtel gehen ohne weiteres sechs Blister (90 Tabletten) und ein Streifen mit 10 Tabletten hinein. Das ist seit der Berufungsverhandlung unstreitig und ergibt sich zudem aus den von EMRA-MED vertriebenen ACERBON-Packungen, die die Widerklägerin in der Berufungsverhandlung zur Akte gereicht hat (Bl. 135). Das Zerschneiden von Blisterstreifen ist kein Hindernis, zumal die Widerbeklagten das bei der Verwendung einer neuen Umverpackung ebenfalls vornehmen müssten.
(bb) Die Packungsgrößen zu 30 und zu 50 Tabletten können durch Abstocken erreicht werden.
Dem steht nicht etwa das Übrigbleiben von überschüssigen Blistern entgegen. Diese können nämlich beim Aufstocken auf die Packungsgröße zu 100 Tabletten verwendet werden. Das ergibt sich aus dem offenkundigen Umstand, dass der Inhalt aus drei spanischen Packungen (3 x 60 Tabletten) 180 Tabletten ergibt, die ihrerseits auf je eine Packung zu 100, zu 50 und zu 30 Tabletten verteilt werden können. Dass die verschiedenen Packungsgrößen in einem ganz unterschiedlichen Umfang auf dem Markt wären und deswegen gleichwohl Blister übrig bleiben würden, ist nicht vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Zudem würde sich ein etwaiges Problem restlicher Blister auch bei neu hergestellten Umverpackungen ergeben.
(c) Entgegen der Ansicht der Widerbeklagten gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass ihr tatsächlicher Zugang zum inländischen Markt objektiv behindert wäre, wenn sie keine neuen äußeren Umverpackungen, sondern nur die mit Etiketten überklebten Originalpackungen, auf- oder abgestockt bzw. gebündelt, verwenden darf.
Rein wirtschaftliche Vorteile, die sich der Parallelimporteur beispielsweise durch eine werbewirksamere und absatzfördernde Gestaltung der Verpackung verspricht, rechtfertigen nach der EuGH- und BGH-Rechtsprechung nicht die Annahme einer zur Verwendung neuer Kartons nötigenden Zwangslage. Allein in dem Fall, dass die Abneigung der Verbraucher gegen überklebte Packungen derart ausgeprägt und weit verbreitet ist, dass sie beispielsweise auch auf die Verschreibungspraktiken der Ärzte oder die Einkaufspraktiken der Apotheken auswirkt und ein tatsächlicher Zugang des Parallelimporteurs zum Markt deshalb nicht gewährleistet ist, kann das Umpacken in neu hergestellte Kartons als objektiv erforderlich angesehen werden (EuGH a. a. O. - Boehringer Ingelheim, - Pharmacia & Upjohn; BGH a. a. O. - Zantac/Zantic).
Gegen die Annahme eine gemeinschaftswidrigen Marktbehinderung spricht der unstreitige Umstand, dass der Parallelimport von Arzneimitteln seit vielen Jahren unstreitig mit großem wirtschaftlichen Erfolg am Markt ist und sich die Praxis überklebter, gebündelter bzw. auf- oder abgestockter Packungen als ohne weiteres machbar herausgestellt hat. Dem Senat sind im Laufe der zahlreichen Parallelimport-Prozesse eine Vielzahl solcher Packungen begegnet, Anhaltspunkte für eine fehlende Akzeptanz finden sich nicht. Dabei ist selbstverständlich nicht auf missglückte Überklebungen abzustellen, sondern auf professionell konfektionierte Packungen, wie sie unstreitig möglich und auf dem Markt vorhanden sind.
Aus der von den Widerbeklagten vorgelegten Meinungsumfrage (Anlage K 17) ergibt sich nichts anderes. In dieser Untersuchung geht es um die abstrakte eigene Einschätzung von Apothekern gegenüber überklebten, auf- und abgestockten und gebündelten Packungen. Dass eine neu hergestellte Packung nach Auffassung der befragten Apotheker (84,9 % von 152 Befragten; Frage 5) demgegenüber "eher akzeptiert" würde, geht lediglich in die Richtung der auch von den Widerbeklagten eingenommenen Vorstellung, durch eine neu hergestellte Umverpackung sich selbst und damit auch das Produkt in seiner Gesamtaufmachung besser darstellen zu können, einschließlich der Beifügung des eigenen Firmenlogos und besonderer Farb- und Formgestaltungen. Hierauf kommt es aber nicht an, der Marktzugang der Widerbeklagten als solcher ist nicht betroffen (vgl. ebenso: BGH a. a. O. - Zantac/Zantic).
Aus eben diesen Gründen gibt es auch keine Anhaltspunkte für eine relevante Marktbehinderung der Widerbeklagten ohne die Verwendung neu hergestellter Umverpackungen. Es besteht nach alledem auch keine Veranlassung, seitens des Senats eine Meinungsumfrage zu der Marktakzeptanz einzuholen. Das Vorbringen der Parteien ermöglicht es dem Senat, aus eigener Sachkunde zu entscheiden.
4.) Die weiteren Voraussetzungen für den Unterlassungsanspruch sind gegeben, insbesondere die Begehungsgefahr.
Der Parallelimport des Arzneimittels ZESTRIL in neu hergestellten äußeren Umverpackungen und unter der Umkennzeichnung in ACERBON ist mit Schreiben vom 20. Oktober 1999 von der Widerbeklagten zu 1) angezeigt worden, und zwar für sie und die Dritt-Widerbeklagte (Anlagen K 6-10, Anlage B 1). Die frühere Unterlassungserklärung der Widerbeklagten zu 1) vom 23. Oktober 1997 (Anlage K 2) steht der Begehungsgefahr schon deswegen nicht entgegen.
IV.
Nach alledem war die Berufung der Widerklägerin/Beklagten begründet und die der beiden Widerbeklagten zurückzuweisen. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 analog, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der übereinstimmend für erledigt erklärten Feststellungsklage gemäß § 91 a ZPO hat das Landgericht zutreffend nicht vorgenommen. Der Streitwert erhöht sich durch die Feststellungsklage nicht, weil sie wirtschaftlich in der Widerklage enthalten ist. Eine Zulassung der Revision ist nicht veranlasst (§ 543 Abs. 2 ZPO n. F.). Die Rechtssache geht, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, über die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt nicht hinaus. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, die Zulassung der Revision ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Eine Vorlage an den EuGH (Art. 234 EG) kommt nach Auffassung des Senats nicht in Betracht. Wie die obigen Ausführungen zeigen, steht die Anwendung der markenrechtlichen Bestimmungen mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften und Entscheidungen im Einklang. Ob eine Markenersetzung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH erforderlich ist, um dem Parallelimporteur den Marktzutritt in dem Einfuhrmitgliedstaat zu eröffnen, haben die nationalen Gerichte zu untersuchen (EuGH a. a. O. - Pharmacia & Upjohn).
Ende der Entscheidung
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